Nutri-Score – nützliches Tool oder großes Fragezeichen? Wie kaufe ich richtig ein?
2018 wurde vom Bundesministerium für Landwirtschaft die Reduktion von Zucker, Fetten und Salz eingeführt, ebenso die Nährwertkennzeichnung auf der Verpackung von Lebensmitteln. Sinn war es damit Übergewicht in der Bevölkerung entgegenzuwirken. Es stellte sich im Verlauf heraus, dass diese Kennzeichnungen von Fett, Kohlenhydraten und Eiweiß in Gramm pro 100g Lebensmittel oder auch pro Portion wenig hilfreich für den Großteil der Bevölkerung waren und kaum als Kaufentscheidung herangezogen wurden.
Seit 2020 gibt es nun zusätzlich die freiwillige Kennzeichnung des Nutri Scores. Lebensmittel werden hier in Kategorien unterteilt, von A (grün= günstig, gesundheitsförderlich) bis E (rot = ungünstig) bewertet. Dabei werden 100g des Lebensmittels, aber immer nur innerhalb einer Produktkategorie bewertet. So sollen zb Tiefkühlwaren wie Tiefkühlpizza, Joghurts oder auch Getränke untereinander besser verglichen werden können. Produktkategorien sind:
· Allgemeine Lebensmittel
· Käse
· Rotes Fleisch
· Fette, Nüsse, Samen, Öle
· Getränke
Die Punkteanzahl ergibt sich aufgrund des Gehalts von Zucker, gesättigte Fette, Salz und Gesamtenergie. Davon werden positiv Punkte von Gemüse, Nüssen, Proteine und Ballaststoffe abgezogen. Je niedriger die Punktezahl, desto besser der Nutri-Score.
Was bedeutet die Einführung für den Hersteller?
Nicht unwesentlich ist es zu wissen, dass Hersteller sobald sie ein Produkt ihrer Palette freiwillig mit dem Nutri-Score kennzeichnen, innerhalb von 2 Jahren die gesamte Palette kennzeichnen müssen. Dies soll verhindern, dass nur die besonders günstigen Produkte ausgelobt werden. Für den Konsumenten ist dies auch positiv, da Hersteller ggf. Anreize bekommen Rezepturen positiv zu verändern.
Was bedeutet der Nutri-Score für den Konsumenten?
Wichtig ist zu wissen: Nur weil ein Produkt den besseren Nutri-Score bekommt – zum Beispiel B statt D, weil eventuell auf der Pizza mehr Gemüse zu finden ist oder statt Salami Schinken, heißt dies nicht, dass dieses Lebensmittel gesundheitsförderlich ist und jeden Tag gegessen werden sollte. Hier liegt die große Falle. Der Konsument lernt durch den Nutri Score also kaum etwas dazu.
Mein Tipp – Worauf der Blick beim Einkauf wirklich fallen sollte
Leider muss man sein Köpfchen beim Einkauf doch selbst einschalten und auch mitdenken! Die Zutatenliste und Nährwerttabelle liefern uns im Grunde genommen alle wichtigen Informationen.
Die Nährwerttabelle – Kaloriengehalt
Ein guter Vergleich ist immer der Kaloriengehalt zb. mit Schokolade. Diese enthält immer ca. 500 Kalorien. Wenn ich statt Schokolade nun Kekse oder Knuspermüsli kaufe, welche zb. 480 Kalorien enthalten entspricht das fast dem Energiegehalt von Schokolade. Ich habe also ggf. keinen gesundheitsfördernden Faktor dabei. -außer möglicherweise mehr Ballaststoffe. Doch was bringen diese, wenn ich durch das Produkt Unmengen an Fett und Kalorien aufnehme?
Brot z.B.: enthält im Durschnitt 250 – 290 Kalorien. Auch hier lässt sich vergleichen, enthält ein Laugenweckerl zb. über 340 Kalorien, wird wahrscheinlich viel Butter enthalten sein. Hier hilft dann der Blick auf die Zutatenliste und auf den Fettgehalt.
Fettgehalt
Überschlagsmäßig sei gesagt: der Tagesbedarf an Fett beträgt pro Kilogramm Körpergewicht (basierend auf dem Normalgewicht), 1g Fett. (Normalgewicht ist ca. die Körpergröße in cm – 100. Also bei 162 cm 62kg). Also wäre der Fettbedarf pro Tag ca. 62g. Natürlich darf es auch weniger sein! Enthält ein Lebensmittel pro Portion zb. Mozzarella 125g = 1 Packung enthält 23g Fett. So habe ich fast die Hälfte meines Fettbedarfs nur durch diese Packung Mozzarella schon gedeckt! Versteckte Fette in ggf. Salatdressing, die Butter am Brot, die Körner im Brot, sind hier noch gar nicht berücksichtigt. Es summiert sich also. Es sollte dann an anderen Stellen gespart werden.
Ballaststoffgehalt
Wir wissen, der Darm ist der Grundstock unserer Gesundheit. Also sollten wir beim Einkauf auf ballaststoffreiche Produkte achten. Gemüse und Obst allein bringt uns nicht sehr weit. Denn hier sind pro 100g gerade einmal 2-3g Ballaststoffe enthalten. Pro Tag benötigen wir aber 30g. Müssten also über 1kg davon essen. Ohne Vollkornbrot, Vollkornnudeln, Haferflocken geht es also kaum. Nicht immer sind die Ballaststoffe am Produkt ausgewiesen, da es sich um eine freiwillige Kennzeichnung handelt. Wir sollten aber im Einkauf darauf achten, Produkte zu wählen die mehr Ballaststoffe, gleichzeitig aber wenig Fett und Zucker enthalten. Z.B. Dinkelvollkornnudeln von Spar enthalten 11g Ballaststoffe, die von Recheis nur 6g. Somit würde die Wahl auf die Spar Dinkel-Vollkornnudeln fallen.
Zucker
Wird auch schön auf der Nährwerttabelle ausgewiesen. Ich empfehle gerade bei „Süßen“ Produkten maximal 15g Zucker pro 100g. Das ist eine Geschmacksschwelle, die leichte Süße in das Produkt bringt, es ist also noch immer süß aber nicht im Übermaß. Je länger wir mit weniger Zucker auskommen, umso zufriedener sind wir auch mit der geringeren Zuckermenge. Denn die Geschmacksrezeptoren im Darm und im Mund stellen sich mit der Ernährungsumstellung um. Und das sollte das langfristige Ziel sein!
Fazit:
Man muss ich mit der Thematik auseinandersetzen, und das Produkt und auch die Verzehrsmenge ganzheitlich betrachten. Nur so kann man für sich die geeignete Kaufentscheidung treffen.
Hier noch einmal im Überblick, wie man ein Produkt bewerten kann:
1. Zutatenliste: Kenne ich alle Zutaten, sind es natürliche Zutaten?
2. Welche Zutaten stehen am Beginn und welche am Ende (Mengeneinschätzung zb. für Ballaststoffe sofern nicht in der Nährwerttabelle vermerkt)
3. Nährwerte/Kaloriengehalt: 500 kcal als Referenz für „ungesunde“ Lebensmittel bei Keksen, Knuspermüsli. Ca. 250 Kalorien für Brot/Gebäck als Mittelmaß.
4. Fettgehalt verglichen mit dem persönlichen Fettbedarf pro Tag (darf auch weniger sein!) z.B. bei 162 cm 62g Gesamtfettbedarf pro Tag.
5. Ballaststoffgehalt: wir benötigen 30g Ballaststoffe pro Tag!,
6. Zuckergehalt bei Süßigkeiten: Maximal 15g- (ggf. 20g) Zucker pro 100g um die Geschmacksschwelle für Süßes zu senken